Anwaltshonorar und Gerichtskosten
Ich, Rechtsanwalt Engin Özcan, erläutere Ihnen auf dieser Seite die Grundzüge der Rechtsanwaltsvergütung und die grund-sätzliche Kostenstruktur eines Rechtsstreits.
Die Vergütung des Rechtsanwalts richtet sich grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Es sei denn, es wurde vor Mandatserteilung schriftlich eine Honorarvereinbarung getroffen. Denn der Anwalt darf mit dem Auftraggeber für die Bearbeitung des Mandats eine individuelle Honorarvereinbarung abschließen. Dem Auftraggeber steht es dann frei, ob er die Bedingungen des Anwalts akzeptiert. Falls nicht, hat er (natürlich) das Recht einen anderen Anwalt zu beauftragen. Honorarvereinbarungen sind vor allem dann geboten, wenn die gesetzlichen Gebühren keine angemessene oder kosten-deckende Vergütung darstellen.
Für die (Erst)Beratung beim Rechtsanwalt ist - entgegen weit verbreiteter Behauptung ("Beratung beim Anwalt kostet nix") - sehr wohl eine Beratungsgebühr zu zahlen. Die Gebühr für die Erstberatung darf bei Privatleuten bis zu 226,10 € (190,00 € netto, zuzüglich Umsatzsteuer i.H.v. 19 %) betragen - aber nicht mehr. Die Höhe der Beratungsgebühr ist unabhängig von der Dauer des Beratungsgespräches, und dessen Dauer ist kein Qualitätskriterium. Vielmehr ist ein kurzes Beratungsge-spräch, in welchem dennoch alle Fragen der Mandanten beantwortet werden konnten, eher ein Indiz dafür, dass der Anwalt in der behandelten Thematik sehr erfahren ist. Hierzu wird folgende Kurzgeschichte weitergegeben:
In zivilrechtlichen und in sozialrechtlichen Angelegenheiten können Sie, wenn Sie die Unterstützung durch einen Anwalt benötigen, diesen aber nicht bezahlen können, bei dem Amtsgericht Ihres Wohnortes einen Beratungshilfeschein für die Ver-gütung des Anwalts beantragen. Der Beratungshilfeschein wird aber nur ausgestellt, wenn hierfür die beiden nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen muss Bedürftigkeit vorliegen, d.h. Sie können aufgrund fehlenden oder geringen Einkommens das Honorar eines Anwalts nicht selbst bezahlen. Zudem muss ein berechtigtes Interesse für eine anwaltliche Tätigkeit (z.B. anwaltliche Hilfe im Widerspruchsverfahren erforderlich) vorliegen.
Bei Antragstellung muss gegenüber den Rechtspflegern (dies sind die hierfür zuständigen Beamten im Amtsgericht) das be-rechtigte Interesse durch Vorlage des belastenden Bescheids (o.ä.) nachgewiesen werden. Und durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen (aktuelle Lohnabrechnungen oder aktueller "Hartz 4"- (neu: Bürgergeld-) Bescheid, Konto-auszüge, ggf. Mietvertrag) wird die Bedürftigkeit belegt. Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind wird der Beratungs-hilfeschein erteilt.
Der Beratungshilfeschein gilt lediglich für die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts und immer nur für eine Angelegenheit. Der Beratungshilfeschein ist dem Rechtsanwalt im Original (keine Fotokopie!) im Gesprächstermin zu übergeben, damit dieser unter Vorlage des Original-Beratungshilfescheins seine Tätigkeit mit dem Amtsgericht abrechnen kann. Zusätzlich zu dem Beratungshilfeschein ist von den Mandanten eine Beratungshilfegebühr i.H.v. 15,00 EUR an den Rechtsanwalt zu zahlen; dieser Hinweis findet sich auf jedem Beratungshilfeschein.
Der Beratungshilfeschein umfasst aber auch die Kosten des Rechtsanwalts für die ggf. erforderliche außergerichtliche Tätig-keit in derselben Angelegenheit, für die der Beratungshilfeschein beantragt wurde; insofern ist die Bezeichnung "Beratungs"-hilfeschein irreführend.
In strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gilt der Beratungshilfeschein lediglich für die Erstberatung und nicht für die weitere anwaltliche Tätigkeit!
Anwalts- und Prozesskosten bei einer Klage im Zivilrecht (Arzthaftungsrecht, Verkehrsrecht, Mietrecht etc.)
Bei zivilrechtlichen Klagen richten sich die Kosten nach dem Gegenstands-/Streitwert. Hier gelten dieselben Regelungen, wie für die Geschäftsgebühr auch.
Für ein zivilrechtliches Verfahren werden, zusätzlich zu der ggf. angefallenen (vorprozessualen) Geschäftsgebühr, folgende Gebührenpositionen gemäß RVG in Rechnung gestellt:
- Verfahrensgebühr (= Gebühr für die Prozessführung) Der Anspruch des Rechtsanwalts auf diese Gebühr entsteht bereits mit der Einreichung, d.h. Übersendung der Klage an das Gericht.
Sollte der Mandant nach Mandatierung des Rechtsanwalts, aber vor dessen Tätigwerden, seine Angelegenheit nicht weiter verfolgen wollen, so hat er dem Rechtsanwalt gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 RVG dennoch die Beratungsgebühr i.H.v. 226,10 € zu zahlen. Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 4 RVG.
- ggf. Erhöhungsgebühr (wenn der Auftraggeber aus einer Personenmehrheit besteht); auch bei Vertretung einer Familie und demzufolge mehreren Personen erhöht sich die Geschäftsgebühr durch diese Gebühr
- Terminsgebühr (= Gebühr für die Teilnahme an der Gerichtsverhandlung) Diese Gebühr kann aber auch ohne Statt-finden einer Gerichtsverhandlung anfallen
- ggf. Einigungsgebühr (= Gebühr für die im Gerichtsverfahren erzielte Einigung). Diese Gebühr fällt zusätzlich zu der Geschäftsgebühr an.
- Auslagenpauschale, die in Höhe von 20,00 EUR in Rechnung gestellt wird. Hier gelten die selben Regelungen, wie für die Geschäftsgebühr auch.
- Umsatzsteuer (19 %)
- Fahrtkosten (des Anwalts)
- Abwesenheitspauschale (Entschädigung dafür, dass der Anwalt seiner Kanzlei fernbleiben muss)
- Gerichtskosten: Der Kläger eines zivilrechtlichen Streits muss die Gerichtskosten, die seitens des Gerichts ange-fordert werden, im Voraus bezahlen. Das Klageverfahren wird erst nach Zahlung der Gerichtskosten bearbeitet. Wenn die Gerichtskosten nicht innerhalb von 6 Monaten eingezahlt/überwiesen werden, dann gilt das Gerichtsverfahren als nicht eröffnet und die Akte wird "weggelegt".
Wenn der Rechtsstreit mit einem Urteil oder einem Beschluss abgeschlossen wird, wird in diesem auch über die Kostenverteilung (auch der ggf. angefallenen Gutachterkosten) entschieden. Im Zivilrecht werden zwar grundsätzlich der Partei, die den Rechtsstreit verliert, die Kosten des Verfahrens auferlegt; dieser Grundsatz ist aber nicht für alle Ver-fahren maßgeblich. Im Falle einer Einigung werden die Kosten - in der Regel - aufgeteilt, wobei die Quote nicht gesetz-lich festgelegt ist. Vielmehr wird in dem konkreten Rechtsstreit die Quote vom Gericht (Einzelrichter, Kammer/Senat) festgelegt.
Im gerichtlichen Verfahren darf der Anwalt nicht weniger Honorar verlangen, als es das RVG vorsieht. Denn das RVG sieht Mindesthonorare vor und der Anwalt ist nicht befugt, auf gesetzliche Gebühren zu verzichten. Hingegen ist es zu-lässig, dass der Anwalt mit seinem Mandanten auch wegen der gerichtlichen Kosten (Verfahrens- und Terminsgebühr) eine Honorarvereinbarung trifft, mit der ein höheres Honorar vereinbart wird, als es das RVG vorsieht. Diese Vereinbarung gilt aber nur zwischen Mandant und Anwalt!. Die Gegenseite, der die Kosten auferlegt würden, muss nur die Gebühren in gesetzlicher Höhe erstatten.
Daher sind die Kosten eines zivilrechtlichen Verfahrens in der Regel im Voraus kalkulierbar.
Anwalts- und Prozesskosten bei einer Klage im Arbeitsrecht
Die für ein arbeitsgerichtliches Verfahren abrechenbaren Gebührenpositionen sind identisch mit denen, die für ein zivilgericht-liches Verfahren entstehen (Verfahrensgebühr, Terminsgebühr etc.).
Jedoch gibt es zwei wesentliche Unterschiede zwischen den Verfahren vor den Arbeitsgerichten und den Verfahren vor den Zivilgerichten. Für die Verfahren vor den Arbeitsgerichten müssen keine Gerichtskosten bezahlt werden. Zudem müssen in den Verfahren vor dem Arbeitsgericht in der 1. Instanz die Parteien ihre Kosten selbst tragen, dies gilt unabhängig vom Aus-gang des Verfahrens.
or-/außergerichtliche Anwaltskosten im Sozialrecht
Im Sozialrecht ist bezüglich der sozialrechtlichen Geschäftsgebühr (d.h. die anwaltliche Tätigkeit vor einem oder anstatt eines Gerichtsverfahrens) ein gebührenrechtlicher Betragsrahmen mit der Mindest- und der Maximalgebühr vorgegeben.
Der Anwalt ist befugt, sein Honorar innerhalb dieses Rahmens - zwar nach vorgegebenen Kriterien aber eigenem Ermessen - festzulegen.
Besteht der Auftraggeber aus mehreren Personen, erhöht sich die Geschäftsgebühr durch die Erhöhungsgebühr. Dies gilt auch bei Vertretung einer Familie oder einer Bedarfsgemeinschaft (die fast immer, aber nicht zwingend eine Familie ist).
Die Einigungsgebühr fällt für die außergerichtlich erzielte Einigung und zusätzlich zu der Geschäftsgebühr an. Hinzu kommt die Auslagenpauschale, die mit 20,00 EUR in Rechnung gestellt wird. Hier gelten die selben Regelungen, wie für die Geschäftsgebühr im Zivilrecht auch; schließlich kommt die Umsatzsteuer (19 %) auf die Rechnung.
Anwalts- und Prozesskosten bei einer Klage im Sozialrecht
Auch bezüglich der Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren ist ein gebührenrechtlicher Betrags-rahmen mit der Mindest- und der Maximalgebühr vorgegeben. Der Anwalt ist auch wegen seiner Gebühren, die für das Klageverfahren anfallen, befugt, sein Honorar innerhalb dieses Rahmens der Höhe nach festzulegen. Diesbezüglich gelten die selben Bestimmungen, die für die sozialrechtliche Geschäftsgebühr gelten.
Die für ein sozialgerichtliches Verfahren abrechenbaren Gebührenpositionen sind identisch mit denen, die für ein zivil-gerichliches Verfahren entstehen (Verfahrensgebühr, ggf. Erhöhungsgebühr, Terminsgebühr etc.). Jedoch sind die Gebühren in sozialgerichtlichen Verfahren der Höhe nach andere als die im zivilgerichtlichen Verfahren. Weitere relevante Unter-schiede sind die, dass die sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich Gerichtskostenfrei sind. Zudem müssen die Bürger, die das Gerichtsverfahren verlieren, nicht die Anwaltskosten der Behörde tragen. Denn die Behörden vertreten sich selbst und haben daher keinen externen Rechtsanwalt. Hingegen muss die verklagte Behörde im Falle einer Prozessniederlage dem Bürger die diesem entstandenen Rechtsanwaltskosten erstatten.
Falls Sie einen berechtigten Rechtsstreit führen müssen oder zu Unrecht verklagt werden, gibt es die Möglichkeit Prozess-kostenhilfe (Pkh) in Anspruch zu nehmen.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind die selben, wie die für die Bewilligung von Beratungs-hilfe. Zum einen muss Bedürftigkeit vorliegen und die beabsichtigte Rechtsverfolgung muss hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten. Dies bedeutet, dass "der Staat" nicht einen willkürlichen Rechtsstreit finanzieren will.
Der Antragsteller muss den Pkh-Antrag ausfüllen und anschließend diesen zusammen mit den erforderlichen Nachweisen (Einkommensnachweis, Mietvertrag, Belege wg. Zahlungsverpflichtungen etc.) über seinen Anwalt dem Gericht vorlegen lassen. Erst wenn alle Unterlagen vorliegen kann und wird über die Pkh-Bewilligung durch die Rechtspfleger des ange-rufenen Gerichts entschieden.
Nur wenn der Pkh-Antrag bewilligt wird, ist der Pkh-Empfänger von der Zahlung der Anwaltskosten befreit. Diese werden dann, ebenso wie die Gerichtskosten, von der Staatskasse übernommen. Nicht selten wird Pkh mit Ratenzahlung bewilligt. Dies bedeutet, dass der Pkh-Empfänger die ihm bewilligte Pkh nach Abschluss des Rechtsstreits in monatlichen Raten (max. 48 Raten) an die Landeskasse zurückzahlen muss – wenn er dazu wirtschaftlich in der Lage ist.
Bitte beachten Sie hierzu:
• Im Falle der Ablehnung des Pkh-Antrags darf der Anwalt seine Tätigkeit für die Beantragung von Pkh dem Mandanten in Rechnung stellen. Denn die Beantragung der Pkh ist als anwaltliche Tätigkeit gebührenpflichtig.
• Sollte der Pkh-Antrag erst im Laufe oder gar am Ende des Rechtsstreits abgelehnt werden, muss der Pkh-Antragsteller die Kosten seines Anwalts für die Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren selbst bezahlen. Insbesondere in den Verfahren vor den Sozialgerichten wird u.U. erst in einem späten Verfahrensstadium über den Pkh-Antrag entschieden.
• In zivilgerichtlichen Verfahren muss im Falle einer Prozessniederlage der Pkh-Empfänger das Anwaltshonorar der Gegen-seite übernehmen; für diese Kostenerstattungspflicht gibt es keine Prozesskostenhilfe und auch keine sonstige staatliche finanzielle Hilfe. Einer Prozessniederlage kommt es gleich, wenn ein im Selbstständigen Beweisverfahren erstelltes Gut-achten zu dem Ergebnis kommt, dass der behauptete Schaden (Behandlungsfehler o.ä.) nicht vorliegt.
Beiordnung als Opferanwalt bzw. Nebenklagevertreter
Bei nebenklagefähigen Delikten besteht die Möglichkeit, dass ich ggf. auf Kosten der Staatskasse als Nebenklagevertreter beigeordnet wird. Das Verfahren der Beiordnung und der Übernahme der anwaltlichen Gebühren durch die Staatskasse ist das gleiche wie die Prozesskostenhilfebeantragung.
Anwalts- und Gerichtskosten in Strafverfahren
Ich schließe wegen der Vergütung meiner Tätigkeit in Bußgeld- und Strafverfahren mit meinen Mandanten immer eine individuelle Honorarvereinbarung ab. Diese wird vor Mandatserteilung geschlossen und umfasst die Verfahrensabschnitte, die in der Honorarvereinbarung dargelegt werden.
In Bußgeldverfahren werden seitens der Behörde nur im Falle eines Schuldspruchs Bearbeitungsgebühren in Rechnung ge-stellt; in Strafverfahren werden Gerichtskosten nur im Falle einer Verurteilung dem Angeklagten auferlegt. Im Falle einer Ein-stellung des Bußgeld-/Ermittlungsverfahrens oder eines Freispruchs im Strafprozess übernimmt die „Staatskasse“ auch die Kosten des Rechtsanwalts (hier Verteidiger genannt).
Rechtsschutzversicherung
Eine Rechtsschutzversicherung trägt die sich aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ergebenden Rechtsanwaltskosten sowie die Gerichts- und ggf. auch die Gutachterkosten, sofern das Gutachten durch das Gericht in Auftrag gegeben wurde. Daher ist der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung an sich durchaus ratsam.
Bitte achten Sie unbedingt darauf, für welche Lebensbereiche (Arbeit, Miete etc.) Sie eine Rechtsschutzversicherung brauchen könnten, denn Rechtsschutzversicherungen beruhen auf dem Prinzip der Spezialität. Dies bedeutet, dass Versicherungsschutz immer nur für den vereinbarten Schutzbereich (= Lebensbereich) besteht. Daher sollten Sie bei Vertragsschluss genau festlegen, für welchen Schutzbereich Rechtschutz bestehen soll. Gerade im Hinblick auf die Kosten-tragungspflicht in Verfahren vor den Arbeitsgerichten ist der Abschluss einer Rechtschutzversicherung ratsam.
Bitte beachten Sie, dass die anwaltliche Korrespondenz mit der Rechtsschutzversicherung wegen des Rechtsstreits, für den die anwaltliche Vergütung eingefordert wird, ein gesondertes Mandat ist, wofür der Anwalt eine Vergütung verlangen darf. Auch die anwaltliche Tätigkeit für die Einholung der Kostendeckungszusage wird von der Rechtsschutzversicherung nicht vergütet.